Vorgestellt: Gerd Theerkorn

Standard-Latein | Discofox

In dubio pro Gerd: Ganz ohne Zweifel ist Gerd Theerkorn ein Urgestein im Walzerlinksgestrickt. Der gelernte Jurist unterrichtet hier seit mehr als zwanzig Jahren – und ist neben den Gründern Ulrike und Jojakim Balzer die feste Größe im Ballhausbetrieb. Gerd vermittelt Standard-Latein und Discofox, führt Regie beim „Üben & Vergnügen“, bringt Hochzeitspaare auf Spur und Ball-Novizen in Schwung. Und last but not least: Er wacht verantwortlich über das Unterrichtsprogramm. Dank Gerd passiert kein Schritt im Walzer rein zufällig.

Gerd, vom Gerichtssaal in den Ballsaal, das klingt nach einer spannenden Wendung. Hand aufs Herz, wie ist denn das passiert?

Mir fehlten nach dem Abi die guten Ratgeber. So habe ich Jura studiert, weil mir nichts Besseres einfiel. Eigentlich wollte ich aber mein ganzes Schulleben lang Lehrer werden. Schon nach nach dem ersten Schultag bin nach Hause gekommen und mein Berufswunsch stand fest. Nun, dann kam erst ´mal alles ganz anders. Letztendlich habe ich aber nach allen juristischen Examina nur ein halbes Jahr lang als Anwalt gearbeitet. Denn was mir einfach nicht gefiel: man verbringt als Anwalt sein halbes Leben mit den Problemen anderer Leute. Mit 40 wusste ich dann endgültig: Die Juristerei kommt ganz gut ohne mich zurecht. Einige Formulierungen verraten mich aber wohl bis heute, denn ich höre regelmäßig: ‚Du kannst alles so strukturiert formulieren. Ich bin ja auch Jurist.´ Das freut mich natürlich, da war das ganze Studieren doch nicht umsonst.

Wir wissen, dass Du dem Ruf des Tanzes gefolgt bist. Wie genau hat es Dich ins Walzer verschlagen?

2003 war ich noch Turniertänzer und mein Partner und ich durften im Walzer trainieren. Zunächst habe ich nebenberuflich in Ulrikes Kursen assistiert, bis sie irgendwann meinte: Ich überlasse dir den Kurs vollständig. Erst habe ich einen Tag im Walzer gearbeitet, dann zwei. Hauptberuflich arbeite ich seit 2005 als Tanzlehrer, unglaublich. Wie schnell die Zeit vergangen ist, merke ich spätestens, wenn Paare mir sagen: Wir tanzen seit 20 Jahren bei dir. Da haben sich also Paare hier kennengelernt, geheiratet, Nachwuchs bekommen – und diese Kinder studieren jetzt. Das ist schon Wahnsinn!

Du arbeitest an 5 bis 6 Tagen in der Woche. Was macht ein erfahrener Tanzlehrer, wenn er mal frei hat? Tanzen?

Nee. Die freie Zeit verbringe dann lieber mit meinem Mann – und der hat mit dem Tanzen so gar nichts am Hut. Wir beide sind historisch interessiert und vertiefen uns gern auf YouTube in die weite Welt der Geschichte. Es macht Spaß, Zusammenhänge zu begreifen, Diskussionsrunden zu folgen. Auch Architekturgeschichte finden wir interessant. Ab und zu stehen wir am Snookertisch. Und ganz praktisch: Er kocht, ich backe.

A propos Geschichte: Wie hat sich die Tanzwelt in den letzten Jahrzehnten verändert?

Anfänger finden Tanzschulen heute weniger unangenehm, ganz besonders die Männer. Man(n) kommt einfach selbstverständlicher ins Ballhaus. Vor 20 Jahren waren die Leute da noch positiv überrascht und sagten: Ach, das ist hier ja gar nicht so schlimm. Zu der Zeit waren die alten Vorurteile über Tanzschulen noch weit verbreitet, viele davon reichten zurück bis in die 1960er Jahre. Heute sind unsere KundInnen nicht mehr überrascht, wenn sie in ein serviceorientiertes Dienstleistungsunternehmen stolpern. Das obendrein noch locker geführt wird.

Wie steht es mit dieser Aussage: Frauen möchten tanzen. Es sind die Männer, an denen es hakt. Stimmt oder stimmt nicht?

Oft schon. Aber nicht immer sind es die Männer, die überredet werden müssen. Es geht auch umgekehrt. Ich habe ein Paar im Kurs, bei dem sie ihren Mann acht Jahre lang hat zappeln lassen. Sie hatte immer wieder Gründe, den Start eines Tanzkurses zu verschieben. Endlich hat sie „Ja!“ gesagt. Und das ist ganz wichtig: Nur wenn bei beiden die Lust da ist, läuft es gut – und das Lernen geht dann fast wie von selbst.

… und täglich grüßt das Murmeltier. Ist es nicht langweilig, immer wieder Beginner zu unterrichten?

Das werde ich erstaunlich oft gefragt. Und kann nur immer sagen: Beginnerkurse sind großartig. Man kann nie wieder jemandem so schnell so viele Erfolgserlebnisse vermitteln – und das macht immer wieder Spaß zu sehen. Nach den ersten vier Wochen eines Anfängerkurses lasse ich die TeilnehmerInnen in der Regel alles bislang Gelernte einmal durchtanzen – und frage dann ‚Mal ganz ehrlich: hättet ihr nach der ersten Stunde gedacht, dass ihr nach knapp einem Monat so weit sein würdet?´ Die glücklichen Gesichter sind jedes Mal der beste Beweis, dass ich den Menschen aus der Seele spreche.

Im Walzerlinksgestrickt bist Du verantwortlich für das Unterrichtsprogramm. Ist das denn großen Veränderungen unterworfen?

Man glaubt es nicht, aber es ändert sich erstaunlich oft. Es ist eine Arbeit, die nie zu Ende ist: Neues kommt hinzu, anderes wird gestrichen. Was mir wichtig ist: Das Unterrichtsprogramm soll stimmig sein und bleiben. Mit flexiblen Lehrplänen sichern wir einen sinnvollen Aufbau. Corona hat das Lernen verändert, junge Leute bewegen sich anders. Alles ist sowieso ein bisschen flüchtiger: Die Gruppen sind weniger homogen, viele nutzen die Ausweichtermine. Es gibt viel, was wir berücksichtigen müssen, um maßgeschneidert zu unterrichten. Ein Pluspunkt für Wiedereinsteiger: Unser gleichbleibendes Unterrichtsprogramm erleichtert den Neustart nach einer Kurspause.

Dein Motto ist: Tanzt Du noch oder schwebst Du schon? Also gilt: Gerd in the air?

Keine Sorge, ich bleibe auf dem Boden der Tatsachen – auch wenn meine Füße vielleicht das Gegenteil behaupten!

 

Das Interview führte unser Pressesprecher Holger Wetzel mit Gerd im Sommer 2024